Denly und Nigel Spring
Denly und sein stolzer Mentor

Bert Denly kam aus Byfleet, einem Städtchen im Südwesten von Greater London, das sich heute ganz in der Nähe der Ringautobahn M25 befindet. In den Zwanziger Jahren machte er sich daran, in Brooklands einer der zwei oder drei Topleute zu werden. Hauptsächlich war er dort und auf anderen Strecken mit Nortons unterwegs.

Im Jahr 1923 wechselte der Topfahrer von Norton, Rex Judd zu Douglas. Eines Tages fuhr Don O’Donovan seine Testrunden in Byfleet und geriet in eine brenzlige Situation mit dem jungen Auslieferungsfahrer einer  Metzgerei namens Bert Denly, der mit einer alten Maschine von 1914 unterwegs war. Bert schien sehr gut gehandelt zu haben, so dass O’Donovan beeindruckt war, ihm nachforschte und auf der Stelle einen Posten bei Norton anbot!

Bert nahm das Angebot nicht ernst und wollte seines Weges gehen, als O’Donovan eines drauflegte und ihm den Job des Nortons Werksfahrers anbot.

Nach einer anderen Version der Geschichte zeigte Bert seine Qualitäten, als er mit großem Können eine Kollision mit einem Fußgänger verhinderte (es ist aber nicht überliefert, wer zum besagten Zeitpunkt auf der Straße und wer auf dem Gehweg war).

Fotos aus dieser Zeit von Denly und seinen Kollegen geben viele Eindrücke, was Motorradrennfahren in dieser Zeit ausmachte. 

Don O'Donovan auf Norton
Das ist O'Donovan, vielleicht mit der erwähnten "Kollisions"-Norton

Auf dem Foto mit seinem Sponsor und Mentor, R.M. Nigel Spring sieht man eine Art Polsterverlängerung seines Lycett Sattels. Es ist zu bemerken, dass die Fahrer auf den langen Geraden (und Brooklands bestand ja fast nur aus Geraden!) sich flach auf den Tank legten, um wenig Winddruck abzubekommen. Zudem war die Oberfläche der Strecke derart wellig, dass die unersetzlichen Teile eines Mannes als auch das Kinn unbedingt vor den Stößen geschützt werden mussten.

Es soll noch ein anderes Foto geben, auf dem Bert wie es scheint sehr seltsame Stiefel trägt. Nun, dahinter steckt das Problem des Mindestgewichts für einen Fahrer von umgerechnet 60 kg. Bert war ein kleiner Mann und musste deshalb Bleistreifen unter seine Stiefel binden, um das geforderte Gewicht zu erreichen. Zu bemerken ist, dass ich einige Bilder von Denly gefunden habe, nur leider keins mit diesen "Stiefelergänzungen"....

Wenn wir die Bilder noch einmal betrachten, fällt einem auch der Fischschwanzdämpfer an der AJS auf. Diese Dämpfer mussten nach Protesten  von Anwohnern über den Krach nach einem 500 Meilenrennen (= 800 km!!!) im Jahr 1924 angebracht werden.

Denly und Nigel Spring
Der Fahrer und sein stolzer Mentor

Im Jahr 1927 wurde Bert Denly der erste Mensch, der schneller als 100 mph auf einem 500 ccm Motorrad war. Dieser Rekord wurde außerhalb des Landes (ich glaube im Juni 1927 in Monthléry in Frankreich) erreicht und führte dazu, dass die einheimische Presse behauptete, dass der Rekord nicht zählen würde. Es wurde ein Preis für eine Rekordfahrt in Brooklands  ausgelobt, der aber erst ein Jahr später stattfand. Denly hielt etliche Geschwindigkeitsrekorde im Lauf seiner Karriere.

Andere Fotos zeigen ihm zusammen mit anderen Charakteren aus dieser Zeit: mit Pat Driscoll, Bert’s Rennkollege in vielen Jahren, Nigel Spring, Fahrzeugentwickler bei Norton und ab 1929 mit ihm zusammen bei AJS und Ebby White, Zeitnehmer in Brooklands bei allen Rennen von 1901 bis 1939.

Vor den im Juni stattfindenden TT Rennen erreichte AJS eine große Aufmerksamkeit, als man sich für Rekordfahrten in Brooklands einfand. Etliche Rekorde einschließlich sieben 350 cm³ Seitenwagenrekorde von 4 Stunden mit 66,08 mph bis 8 Stunden mit 65,65 mph durch die Fahrer Bert Denly und Leo Davenport. Insgesamt hielt AJS zu dieser Zeit nicht weniger als 117 Geschwindgekeitsweltrekorde, die größtenteils durch Denly und Charlie Hough herausgefahren wurden.  Obwohl Hough und Davenport einen guten Ruf hatten, war der bekannteste doch Denly.

Rekordmaschine im NMM
Das ist die Maschine im National Motorcycle Museum nach dem Brand

Eine Maschine, die von den Machern als die einzig überlebende Maschine von Denly bezeichnet wird, befindet sich heute im National Motorcycle Museum in Solihull. Man kann aber sehen, dass sie einen anderen Rahmen mit einem dicken Zentralrohr und eine nadel- oder rollengelagerte Vorderradgabel besitzt. Bei den von Denly benutzten Fahrzeugen ist dies nicht erkennbar.

Eine kleine Anekdote über Bert geht so: Wie eingangs erwähnt, fuhr er Fleisch und Wurstwaren für die Derisley Metzgerei aus. Zu Beginn seiner Karriere erlaubte ihm der Firmeninhaber, Herr Metzgermeister Derisley sein Preisgeld im firmeneigenen Safe aufzubewahren. Das ging solange gut, bis Mr Derisley feststellen musste, dass Bert mehr Geld im Safe als die Metzgerei hatte. Erzwungenermaßen mußte Herr Denly dann schnellstens zur Bank gehen und ein eigenes Konto eröffnen.

Lesen Sie in der Rubrik "Zeitgenössische Berichte", wie die Weltrekordmaschine von Bert Denly eines Tages die bis dato sicheren und friedlichen Straßen eine kleinen englischen Weilers namens Princes Risborough ziemlich unsicher machte ..... und natürlich den herrlichen Film über einen Tag auf der Brooklands-Bahn.